Freitag, 13. Dezember 2013

Kann man Menschen helfen?

Den Menschen zeichnet die Fähigkeit aus, sowohl sich selbst als auch die Anderen kennenzulernen. Das Verstehen der eigenen Fähigkeiten befähigt ihn dazu, seine Grenzen und Potentiale bewußt zu werden. Erst diese Feststellung setzt ihn in die Lage, zu denken, daß durch die ähnliche Bauweise der Menschen sie auch ähnlich funktionieren könnten. Der Blick in sich ist also der erste Schritt zum Verstehen der Anderen, was gewöhnlich auch als Empathie bezeichnet wird.

Der empathische Grundsatz geht davon aus, daß zum Sehen zuerst die Anlagen existieren müssen, die das Sehen ermöglichen. Die von außen kommenden Signale werden dann die in der Anlage herrschende Stimmung entweder zum Mitschwingen, oder sie ganz zum Dämpfen bringen. In beiden Fällen registriert die Anlage das ankommende Signal und reagiert darauf entsprechend seines Zustandes.

Die Bedingung, die zum Schwingen notwendig ist, ist zum einen das Vorhandensein einer Anlage, zum anderen die Bereitschaft, überhaupt schwingen zu wollen. Das Schwingenwollen kann auf die Starrheit oder Offenheit des Systems hindeuten. Je starrer nämlich das System gebaut ist, desto schwerfälliger wird es sein, es in Schwingung zu versetzen. Über der Anlage thront also der Wille, was das System entweder offener gestaltet oder aber nach außen hin abschottet.

Alle von außen kommenden Signale stellen zunächst eine Bedrohung dar, in dem Sinne, daß die gewöhnlichen Reaktionsmuster nicht mehr ausreichen, eine angemessene Reaktion zu liefern. Offene Systeme zeichnen sich dadurch aus, daß sie ein Grundvertrauen auf ihre Anlage und Fähigkeiten haben, die von außen kommenden Signale einzuverleiben. Obwohl auch offene Systeme der Gefahr von außen ausgesetzt sind, ist die Wahrnehmung eine andere. Für diese stellt sie nämlich eine Herausforderung dar, neue Möglichkeiten auszuschöpfen und auszuprobieren. Sie gehen mit dieser Gefahr spielerisch um.

Etwas anderes sieht es mit Systemen aus, die sich gegen äußere Information absperren. Diese sind auf Systemerhalt getrimmt und vermeiden jegliche Veränderung. Sie verharren in ihrem einmal erlerntem Verhaltensrepertoire und wenn nötig bekämpfen sie diese. Sie können von sich behaupten, ein Wer zu sein, aber dieses Wer basiert auf ihre einmal erworbenen Fähigkeiten. Auf neue Situationen angewandt, sind sie eher hinderlich als förderlich.

Nach diesen einleitenden Erörterungen stellt sich die Frage, ob oder wie man anderen Menschen helfen könnte. Eine pauschale Antwort läßt sich daraus nicht ableiten, denn man könnte sowohl für das Für oder Wider geeignete Beispiele finden. Daß was man sagen kann, ist lediglich, daß sich der Helfender seines Zustandes bewußt sein muß, daß er also sowohl über seine Anlagen als auch die Motivationen bewußt sein muß, ob diese selber offen oder geschlossen in dem oben erörterten Sinne sind.

Das Offensein reicht natürlich nicht aus, um auch andere offene Systeme in Schwingung zu versetzen, es muß auch erkennen können, wie die anderen Systeme beschaffen sind. Sind diese auch offen, so lassen sich mit wenig Mühe beide Systeme in Einklang bringen und aufeinander abstimmen. Der Enthusiasmus läßt sich von einem System auf das andere übertragen, so daß beide Systeme davon profitieren werden. Einmal in Gang versetzt können die Systeme auch lange Zeit in Hochstimmung sein. Mit diesen Systemen hat man gewöhnlich wenig Mühe.

Mühseliger wird es jedoch, wenn ein System sich gegen äußere Veränderungen resistent und wiederwillig zeigt. Läßt sich auch in diesem Falle eine Änderung herbeiführen? Und wie läßt sich diese Veränderung rechtfertigen, wenn man bedenkt, daß man dem System wider seines Willens Gewalt antun müßte. Man müßte dieses Vorgehen als Gewalt bezeichnen, denn eine Veränderung müßte gegen seines Willens herbeigeführt werden.

Von der Dringlichkeit wird es wohl abhängen, ob man dem Anderen wirklich „Gewalt“ antuen soll oder nicht. Die Kunst wird es sein, diese Gewalt als Nicht-Gewalt erscheinen zu lassen. Denn fühlt sich der gegenüber bedroht, wird er seine Schotten dicht machen wollen und jegliche versuche werden ins Nichts enden. Von einem empathischen Helfer ist zu erwarten, daß er diese Hemmnisse sowohl bei sich als auch beim Gegenüber erkennt und diese durch geeignete Mittel auf die richtige Stimmung zu stimmen weiß. Von seinen Fingerspitzengefühlen wird es also abhängen, ob die Hilfe auch dort ankommt, wo sie ankommen soll.

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